Leo Sternberg zur Feier der Christlich Jüdischen Gesellschaft am 23. April 2017
Sehr geehrte Anwesende,
nicht grundlos findet die heutige Feier in der Leo-Sternberg-Schule statt. Daher seien hier einige Worte zu Leben und Werk des Namensgebers unserer Schule erlaubt.
Leo Sternberg wurde am 07. Oktober 1876 als Sohn jüdischer Kaufleute in Limburg geboren. Sein Elternhaus steht noch heute in der Grabenstraße 15. Eine Plakette an der
Fassade erinnert an den ehemaligen Bewohner Sternberg. Gegenüber in der Grabenstraße 20, die heutigen City Arkaden, betrieben sein Vater Bernhard und sein Onkel Max eine Holzgroßhandlung.
Damals konnte man in Limburg noch kein Abitur machen und so legte Leo Sternberg nach seiner Schul- und Progymnasialzeit in Limburg die Reifeprüfung in Wiesbaden ab.
Es folgte das Studium der Rechtswissenschaften und Kunstgeschichte in München, Marburg und Berlin. Sein Gerichtsreferendariat beginnt er 1903 in Rüdesheim und setzt es später in Wiesbaden fort. Bis 1910 arbeitet er
als Justizassessor wechselweise an den Amtsgerichten in Hadamar, Rüdesheim, Hechingen, Sigmaringen und Hachenburg.
1910 erfolgt seine Ernennung zum Amtsrichter in Wallmerod. Drei Jahre später wechselt er in gleicher Position endgültig ans Amtsgericht in Rüdesheim, dem
Geburtsort seiner Frau Else, die er 1908 geheiratet hat. Dort wohnen beide, wie in Limburg, in der Grabenstraße.
1906 verlässt Sternberg die jüdische Glaubensgemeinschaft und tritt 1933 in die katholische Kirche ein. Anlässe dazu dürften die Religion seiner Frau, die intensive
Beschäftigung mit Hildegard von Bingen und die enge Freundschaft mit Pater Gilbert Wellberg aus Marienstatt gewesen sein.
Wegen seiner jüdischen Abstammung wird er 1934 aus dem Staatsdienst entlassen und vorzeitig in den Ruhestand entlassen. Auch wird er aus der Reichsschrifttumskammer
ausgeschlossen und hat daher kaum noch die Möglichkeit seine Arbeiten zu veröffentlichen.
Auf Einladung der jugoslawischen Regierung, einen Roman über Diokletian zu schreiben, reist er 1937 auf die Insel Hvar. Dort stirbt er bald darauf mit 61 Jahren. An
der Friedhofsmauer befindet sich noch heute eine Marmortafel mit der Inschrift:
Dem deutschen Dichter Leo Sternberg zum Gedächtnis.
Die Juristerei war Sternberg Broterwerb aber seine Leidenschaft galt der Schriftstellerei. Er sah sich in erster Linie als Lyriker und gab zahlreiche Dichtungen
heraus, die in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts und nach 1945 auch in deutschen Schulbüchern abgedruckt wurden. Sein lyrisches Schaffen ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Bis in unsere Zeit von
Bedeutung sind seine Werke zur Geschichte des ehemaligen Nassauer Landes, die teilweise noch verlegt werden:
Limburg als Kunststätte (1910), Der Westerwald (1911), Nassauische Literatur (1912), Der ewige Strom (1922) beschäftigt sich mit dem Rhein, Land Nassau (1927), Hildegard von Bingen und Oberwesel und die mittelrheinische Kunst und als letztes historisches Werk Der Dom in der Entwicklungsgeschichte der rheinischen Kunst (1935), welches zur 700 Jahrfeier des Limburger Domes erschien.
Eine späte Ehrung erhielt Leo Sternberg 1994, zur 25 Jahrfeier der ehemaligen Lahntalschule Limburg, durch die Umbenennung auf seinen Namen. Wir waren damals die
einzige Limburger Schule, die nicht nach einer Person benannt war. Auch gab es in Villmar eine zweite Lahntalschule, was gelegentlich zu Verwechselungen führte. Auf Initiative unserer ehemaligen Kollegin Christa
Pullmann und mit Unterstützung des damaligen Schulleiters Klaus Reuter und dem Kollegium kam es dann zu der Umbenennung.
Lassen sie mich schließen mit den Worten des ehemaligen Tilemannlehrers Heinz Maibach, der 1994 die Festrede hielt:
Leo Sternberg starb 1937, gerade noch rechtzeitig vor Auschwitz.
Sein Tod ersparte ihm Schlimmeres.
Sein Tod erspart uns nicht den Dank.
Paul Dillmann im April 2017
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