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P.Bauer

Ansprache zum 20jährigen Bestehen des Pädagogisch-Kulturellen Centrums - Ehemalige Synagoge Freudental

Prof. Dr. Martin Stöhr, Bad Vilbel Freudental am 16. Januar 2005

I Wahrheit sagen

Vor fünf Jahren, am 10. September des Millenium-Jahres 2000 veröffentlichten über 200 jüdische Gelehrte und Rabbiner in der New York Times eine „Jüdische Stellungnahme zu Christen und Christentum". Sie überschrieben sie mit dem Wort "Dabru Emet - Redet Wahrheit". Hunderte von Unterzeichnern verschiedener jüdischer Richtungen aus aller Welt schlössen sich dem Text der ganzseitigen Anzeige an. Zustimmung und Widerspruch entfachten eine ebenso lebhafte wie kontroverse internationale Diskussion. Sie ist keineswegs abgeschlossen.'1' Die acht knappen Thesen (mit ihren ebenso knappen Erläuterungen) sind es wert, dass sie weiter diskutiert werden. Nicht nur wegen ihres Inhaltes, sondern auch wegen der historischen Tatsache, dass zum ersten Mal viele renommierte jüdische Sprecherinnen und Sprecher Stellung nehmen zu den christlichen Bemühungen, die Beziehungen zwischen Judentum und Christentum zu erneuern.

Fast zweitausend Jahre lang wussten die jüdischen Gemeinden, was die Mehrheitsgesellschaft in Schulen und Kirchen, in Universitäten und Medien über sie, die Juden, zu hören bekamen: „Geldgierig, zersetzend, ungläubig, von Gott verworfen, wie Ahasver zur Ruhelosigkeit verflucht, Gottesmörder, durch die Kirche als Gottes Volk ersetzt"!

In der New Yorker Erklärung heißt es: In den vergangenen Jahren hat sich ein dramatischer und beispielloser Wandel in den christlich-jüdischen Beziehungen vollzogen. In dem  fast zwei Jahrtausende andauernden j jüdischen Exil haben Christen die Juden zumeist als eine gescheiterte Religion oder bestenfalls als eine Vorläuferreligion charakterisiert, die dem Christentum den Weg bereitete und in ihm zur Erfüllung gekommen sei. In den Jahrzehnten nach dem Holocaust hat sich die Christenheit jedoch dramatisch verändert . Eine wachsende Zahl kirchlicher Gremien, unter ihnen sowohl römisch-katholische als auch protestantische, haben in öffentlichen Stellungnahmen ihre Reue über die christliche Misshandlung von Juden und Judentum ausgedrückt. Diese Stellungnahmen haben zudem erklärt, dass christliche Lehre und Predigt reformiert werden können und müssen, um den unverändert gültigen Bund Gottes mit dem jüdischen Volk anzuerkennen und den Beitrag des Judentums zur Weltkultur und zum christlichen Glauben selbst zu würdigen.

Diese sehr noble Erklärung von prominenter jüdischer Seite verschweigt nicht, dass es der Völkermord am jüdischen Volk war, der das Umdenken auf christlicher Seite auslöste. K a i n beginnt hierzulande erst umzukehren nach Abels Ermordung. Auch das gehört zur Wahrheit, die gesagt werden muss.

Abel ist weiter bedroht. Ein Viertel der deutschen Bevölkerung hat Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden. Jährliche Umfragen belegen es. Das ist ein Impuls zur Weiterarbeit. Denn Abel lebt. Noch. Wieder. Das Volk Israel lebt - im Staat Israel und in der Diaspora in aller Welt - solange man es leben lässt. Bis heute fragen alle Abels: „Wirst du deines Bruder Hüterin, deiner Schwester Hüter sein?" Domin, dem deutschen Pogrom entkommen, nach Deutschland zurückgekehrt, in diesem Haus keine Unbekannte, leiht den Opfern ihre Stimme:

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